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Die Insta360 EVO - Pionier der Consumer VR180 3D-Kameras

Die 2019 erschienene Insta360 EVO war eine der ersten bezahlbaren Konsumenten-Kameras für immersive stereoskopische 180°-Aufnahmen. Mit ihrem innovativen klappbaren Design konnte sie sowohl VR180 3D-Fotos und -Videos als auch 360° 2D-Aufnahmen erstellen.

Durch den Stereomodus mit zwei Linsen im menschlichen Augenabstand von ca. 6 cm erzeugte die EVO einen realistischen räumlichen 3D-Effekt. Betrachtet man die Aufnahmen in einer VR-Brille, fühlt man sich durch die Tiefenwirkung direkt in die Szenerie versetzt. Dieses immersive Erlebnis übertraf herkömmliche 2D-Fotos deutlich.

Die EVO nahm 180° 3D-Fotos mit einer Auflösung von 6080x3040 Pixeln (18 Megapixel) auf. Videos zeichnete sie in 5,7K mit 30 fps oder 4K mit bis zu 50 fps auf. Eine Bildstabilisierung sorgte für wackelfreie Aufnahmen. Für 360°-Fotos bot sie 7680x3840 Pixel (30 MP), für 360°-Videos 5760x2880 Pixel mit 30 fps.

Insgesamt war die EVO aber bis dato konkurrenzlos in ihrer Preisklasse um die 400 Euro.

Einstellung der EVO und Marktsituation heute

Leider stellte Insta360 die EVO bereits 2020 wieder ein. Vermutlich war die Nachfrage zu gering und die Kamera nicht profitabel genug. Seitdem hat Insta360 kein neues Konsumenten-VR180-Modell mehr auf den Markt gebracht und scheint sich auf "normale" 360°-Kameras zu konzentrieren.

Auch andere Hersteller wie Vuze oder Lenovo haben ihre Consumer-VR180-Kameras nicht weiterentwickelt. Der Markt scheint aktuell zu klein zu sein. Stattdessen gibt es einige High-End Modelle für professionelle Anwender im oberen vierstelligen bis fünfstelligen Preisbereich.

Für Privatanwender mit kleinerem Budget ist die Auswahl sehr begrenzt. Gebrauchte EVOs werden mittlerweile oft für über 600 Euro gehandelt - mehr als zum Marktstart. Auf Plattformen wie eBay findet man vereinzelt noch Exemplare, die Preise schwanken je nach Zustand zwischen 500 und 800 Euro. Damit ist die EVO auch gebraucht immer noch eine Investition, hält dafür aber auch einen gewissen Wiederverkaufswert.

Immerhin lassen sich defekte EVOs bei etwas Geschick noch reparieren. Häufige Probleme wie Wackelkontakte am USB-Anschluss oder lose Verbindungen im Inneren können versierte Bastler oft selbst beheben. Im Netz finden sich diverse Anleitungen und Videos dazu. Auch Ersatzakkus sind noch verfügbar, kosten aber schnell 50-100 Euro.

Vorteile von VR180 gegenüber 360°

VR180 hat durch den immersiven 3D-Effekt einige Vorteile gegenüber herkömmlichen 360°-2D-Formaten. Durch die stereoskopische Aufnahme mit zwei Linsen im Augenabstand entsteht ein realistischer räumlicher Eindruck, wenn man die Inhalte in einer VR-Brille betrachtet. Man fühlt sich direkt in die Szenerie versetzt. Bei monoskopischen 360°-Aufnahmen fehlt dieser 3D-Effekt, die Inhalte wirken flacher und weniger immersiv.

Auch die Produktion von VR180 Content ist in vielen Fällen einfacher als bei 360°. Man muss sich nur auf den Bildausschnitt vor der Kamera konzentrieren, nicht auf die komplette Sphäre. Es ist leichter, unerwünschte Objekte wie Kameraausrüstung oder Crew aus dem Bild zu halten. Zudem ist kein aufwändiges Stitching nötig, um die Bilder der Linsen zu einem 360°-Panorama zusammenzufügen.

Stereoskopische 360°-3D-Aufnahmen sind zwar auch möglich und bieten den Rundumblick kombiniert mit 3D. Allerdings ist die Produktion deutlich aufwändiger, da mehrere Kamerapaare im Kreis angeordnet werden müssen. Die Bilder der einzelnen Linsen müssen dann präzise zu einem 3D-360°-Panorama zusammengefügt werden. Schon kleine Fehler im Stitching können den 3D-Effekt zerstören. Zudem braucht man leistungsfähige Hardware und Software, um die großen Datenmengen zu verarbeiten.

VR180 ist dagegen deutlich einfacher zu produzieren und hat dennoch einen beeindruckenden Immersionseffekt. Gerade für Einsteiger und Amateure ist das Format daher attraktiv. Aber auch für viele professionelle Anwendungen reicht der 180°-Bildwinkel aus, etwa für Konzertmitschnitte, Trainings- und Lernvideos oder Produktpräsentationen.

Ausblick: VR180 und der Kameramarkt

Trotz der Vorteile von VR180 und der wachsenden Verbreitung von VR-Brillen, für die sich das Format ideal eignet, scheint der Consumer-Markt für die großen Kamerahersteller aktuell nicht attraktiv genug zu sein. Die Nachfrage ist wohl zu gering, um die Entwicklung und Produktion bezahlbarer VR180-Kameras profitabel zu machen. Stattdessen gibt es Fortschritte eher im professionellen Bereich, wo höhere Preise erzielt werden können.

Für den Consumer-Markt bleibt zu hoffen, dass Start-Ups oder auch etablierte Hersteller die Lücke füllen und neue bezahlbare VR180-Kameras auf den Markt bringen. Einige Ankündigungen und Crowdfunding-Projekte gibt es bereits, etwa die Kamera "Calf" für rund 1400 Dollar. Das Potenzial ist auf jeden Fall da, denn die Nutzerbasis von VR-Brillen wächst stetig und damit auch die Nachfrage nach passenden Inhalten.

Bis dahin müssen sich VR180-Enthusiasten mit den wenigen verbliebenen Optionen begnügen: Gebrauchte Kameras wie die Insta360 EVO, die allerdings rar und teuer sind. Eigenbau-Lösungen mit mehreren Action-Cams im 3D-Rig und aufwändiger Nachbearbeitung. Oder eben Geduld, bis bezahlbare Neuerscheinungen auf den Markt kommen.

Eine interessante Entwicklung ist, dass erste Smartphone-Hersteller planen, Geräte mit stereoskopischen 3D-Kamera-Setups auszustatten. So könnte man bald VR180-Content direkt mit dem Smartphone aufnehmen, das man sowieso immer dabei hat. Die technische Herausforderung dabei ist allerdings der geringe Abstand der Linsen, der deutlich unter dem menschlichen Augenabstand von durchschnittlich 6,3 cm liegt. Denn für einen realistischen 3D-Effekt sollte der Linsenabstand möglichst nah am Augenabstand sein.

Mit cleverer Software lässt sich das bis zu einem gewissen Grad ausgleichen. Die Bilder der Linsen werden dann so verrechnet und überlagert, dass virtuell ein größerer Linsenabstand simuliert wird. Das funktioniert aber nur bis zu einem gewissen Grad und ist rechenintensiv. Je weiter die Linsen vom idealen Abstand entfernt sind, desto schwieriger wird es, einen überzeugenden 3D-Effekt zu erzielen.

Auch große Smartphone-Hersteller steigen jetzt in den 3D-Kamera-Markt ein, setzen aber oft auf kurzwinklige 3D-Aufnahmen statt echtes VR180. Der Vorteil ist, dass sich die Herausforderung des Linsenabstands bei einem kleineren Bildwinkel etwas einfacher per Software lösen lässt als bei einem großen 180°-Bild. Allerdings geht so auch ein Teil des Eintaucheffekts verloren.

VR180: Einzigartiges Potenzial trotz Durststrecke

Die Insta360 EVO war 2019 ein Vorreiter im Bereich der Consumer-VR180-Kameras. Sie bot zu einem attraktiven Preis von rund 400 Euro die Möglichkeit, immersive stereoskopische 180°-Fotos und -Videos aufzunehmen. Durch ihr innovatives Klapp-Design konnte sie zudem als 360°-2D-Kamera genutzt werden.

Leider wurde die EVO bereits 2020 eingestellt, vermutlich wegen zu geringer Nachfrage. Seitdem hat sich im Consumer-Bereich wenig getan. Gebrauchte EVOs sind rar und teuer, Alternativen gibt es kaum. Lediglich im professionellen Segment gibt es High-End-Lösungen zu hohen Preisen.

Dennoch hat das VR180-Format viel Potenzial. Der immersive 3D-Effekt lässt den Betrachter tief in die Aufnahme eintauchen. Die Produktion ist einfacher als bei 360°-Content. Und die wachsende Verbreitung von VR-Brillen schafft eine Nutzerbasis für die Inhalte.

Es bleibt zu hoffen, dass die Hersteller dies erkennen und bald bezahlbare und benutzerfreundliche VR180-Kameras für Privatanwender auf den Markt bringen - sei es als dedizierte Geräte oder integriert in Smartphones. Auch eine einfache Möglichkeit, die Inhalte zu teilen und zu erleben, etwa über Social-Media- und Streaming-Plattformen, wäre wichtig für den Erfolg des Formats.

Bis dahin heißt es für VR180-Enthusiasten: Augen offen halten nach Gebrauchtangeboten, Eigenbau-Lösungen oder neuen Crowdfunding-Projekten. Denn die Faszination von immersiven VR180-Aufnahmen ist ungebrochen und das Format hat das Potenzial, sich vom Nischenthema zur massentauglichen Technologie zu entwickeln. Die einzigartige Kombination aus starkem 3D-Effekt, einfacher Produktion und VR-Brillen-Kompatibilität könnte VR180 zum Format der Zukunft machen - wenn die Hersteller jetzt die richtigen Weichen stellen.

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